Donnerstag, 18. Januar 2018

Bernhard Schlink "Olga"

„Olga“ ist die Geschichte einer Frau in aufregenden Zeiten. Anfang des 20. Jahrhunderts will sie Lehrerin werden und beißt sich durch, auch ohne den Besuch der Höheren Mädchenschule schafft sie die Aufnahmeprüfung für das Lehrerseminar. Doch privat ist es schwierig, mit ihrem Freund aus Kindheitstagen Herbert verbindet sie eine Liebe, die von seinen Eltern nicht geduldet wird und so bleibt ihnen nur die Heimlichkeit. Und Herbert ist ein Abenteurer und so zieht er in die weite Welt, kämpft in Deutsch-Südwest gegen die Herero, reist nach Südamerika und träumt davon, eine Passage durch die Arktis zu entdecken. Währenddessen will Olga das Leben im Kleinen verbessern, will Schülern helfen, die ohne sie keine Chance hätten. Olga versucht Verständnis zu haben für ihn, ihr Leben lang.
Bernhard Schlinks neuer Roman „Olga“ ist das Portrait einer bewundernswerten Frau in drei Abschnitten. Aus verschiedenen Sichtweisen wird ihr Leben beschrieben und in der für Schlink typischen ruhigen und wunderbar lesbaren Schreibweise lernt der Leser Olga kennen. Ihre Stärken und Schwächen, ihre Wünsche, Träume und Enttäuschungen angesichts von Verlust, Kriegen und auch der Studentenrevolte in den späten 60ern. Ständig warnt sie, alles zu groß und zu viel zu wollen und das passt sehr gut zu der Lehrerin, deren Ziel es war Schülern zu helfen, die nicht irgendwo waren, sondern direkt in dem Dorf wo sie unterrichtete, im Kleinen anzupacken und die Dinge zu ändern, statt dafür durch die Welt zu reisen und ein Großdeutsches Reich zu fordern. Viele Details setzen sich für den Leser erst am Schluss zusammen, wenn ihre Briefe an Herbert abgedruckt werden, in dem sie vieles Persönliches preisgibt. Doch schon von der ersten Seite an packt einen das Buch und bewegt einen, denn hier wird eine Frau beschrieben, wie sie jeder sein könnte, nicht besonders von ihrer gesellschaftlichen Stellung oder beruflichen Position her gedacht, sondern besonders als ein Mensch, der andere ernst nimmt, hilft und liebt ohne sich selbst wichtig zu nehmen.
„Olga“ ist eine beeindruckende Frau, sie hat Humor und Witz und ganz am Schluss zeigt sie, dass sie eben auch einmal auf den Tisch hauen kann, wenn sie etwas deutlich machen will. Bernhard Schlink hat uns Olga vorgestellt und dafür sollte man als Leser dankbar sein, denn es macht Freude über sie zu lesen und regt zum Nachdenken an. Sich öfter mal zurücknehmen und mehr von sich geben ist eben eine gute Einstellung, wie Olga zeigt.

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